Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat den am Mittwoch bekannt gewordenen Vorschlag der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) begrüßt, den Umbau der Tierhaltung über eine Anpassung der Mehrwertsteuer zu finanzieren. “Auf Wunsch der Regierungsfraktionen hat mein Ministerium ein Finanzierungskonzept für einen Tierwohlcent ausgearbeitet, um unsere Landwirtschaft langfristig zu unterstützen”, sagte Özdemir mit Blick auf seinen Vorschlag für eine Fleischsteuer, die ähnlich wie die Kaffeesteuer erhoben worden wäre. “Ich habe aber auch immer betont, dass ich für andere Finanzierungswege – etwa über die Mehrwertsteuer – offen bin”, so der Grünen-Politiker.
“Voraussetzung ist dabei, dass dieser Weg auch von der deutschen Landwirtschaft unterstützt wird. Ich begrüße daher, dass die ZKL, in der vom Bauernverband bis zur Verbraucherseite alle gesellschaftlichen Gruppen vertreten sind, sich klar dafür ausspricht, die unter Druck stehende Tierhaltung in Deutschland zu unterstützen”, so Özdemir. “Der Vorschlag der ZKL, die Mehrwertsteuer auf Fleisch schrittweise zu erhöhen und gleichzeitig bei Obst und Gemüse auf null zu setzen, hätte auch eine gesundheitsförderliche Lenkungswirkung und unterstützt so auch die Ackerbauern und den Gartenbau.” Obwohl der Bauernverband Teil der Kommission ist, hat sich Bauernverbandspräsident Rukwied gegen eine höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch ausgesprochen.
Nun sei es an der Politik, sich zu einigen, so Özdemir. “Was nicht geht, ist, jeden machbaren Vorschlag abzulehnen und keine konsensfähige Alternative vorzulegen. Die Höfe brauchen eine wirtschaftliche Perspektive”, sagte der Landwirtschaftsminister. “Jeder Hof, der nicht aufgibt, sondern auch künftig Tiere unter guten Bedingungen hält, sorgt dafür, dass weiterhin gutes Fleisch aus Deutschland kommt.”
Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Steffen Bilger (CDU), forderte Özdemir zu einer stärkeren Positionierung auf. “Wenn der Bundeslandwirtschaftsminister das eigene Finanzierungskonzept lobt, gleichzeitig aber ein anderes begrüßt, dann sorgt er nur für Verwirrung bei Verbrauchern und tierhaltenden Betrieben”, sagte Bilger. “Offensichtlich will er es wieder einmal allen recht machen, weiß aber selbst nicht richtig wie. Vor diesem Hintergrund wirkt sein fortlaufender Vorwurf an andere, sie würden Finanzierungsvorschläge ablehnen, aber eigene Konzepte schuldig bleiben, absolut unglaubwürdig”, so der CDU-Politiker. “Mit seiner Beliebigkeit will er wohl nur davon ablenken, dass es ihm nicht gelingt, dem Finanzminister im Haushalt mehr Geld für die Landwirtschaft abzuringen.”
Bilger hatte sich zuvor gegen Özdemirs “Tierwohlcent” ausgesprochen und gegenüber der “Rheinischen Post” vor einem “saftigen Preisaufschlag” gewarnt. Der Vorschlag einer “Tierwohlabgabe” stammte vom “Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung”, häufig auch nach ihrem Vorsitzenden, Ex-Landwirtschaftsminister Jochen Borchert (CDU), “Borchert-Kommission” genannt. Die Expertenkommission war 2019 von der damaligen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) eingesetzt worden. Dem Gremium gehörten Vertreter der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft, Umweltverbände, Verbraucherschützer und Wissenschaftler an.
Der Vorschlag aus dem Landwirtschaftsministerium sah eine Verbrauchssteuer auf Fleisch vor. Wie hoch die Steuer ausfallen sollte, stand in dem Entwurf dafür nicht. 2020 hatte die Borchert-Kommission 40 Cent je Kilo Fleisch und Wurst gefordert, sodass damit der tierfreundliche Umbau und Betrieb von Ställen ausreichend finanziert werden könne. Bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 61,1 Kilo pro Person in Deutschland im Jahr 2018 wären dies jährlich Mehrkosten in Höhe von 24,44 Euro pro Person. Bauernverbände plädierten später für einen höheren Betrag, um die Inflation auszugleichen. Özdemir dagegen sprach sich für deutlich weniger als 40 Cent pro Kilo Fleisch aus. In der Ampelkoalition gibt es bislang keine Einigkeit darüber, wie tierfreundliche Ställe in Zukunft finanziert werden sollen.
dts Nachrichtenagentur
Foto: Cem Özdemir (Archiv), via dts Nachrichtenagentur
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