Pläne der Kanzlerin zerrissen

Am Dienstag sprach der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, aus, was sich bereits seit Tagen abgezeichnet hatte. Corona ist jetzt Sache der Länder, Angela Merkel ist abgelöst worden. Kretschmann: „Die Verantwortung liegt jetzt bei den Ministerpräsidenten und Landkreisen.“

Der Knall bahnte sich bereits am Montag an. Kanzleramtschef Helge Braun schaffte es nicht, sich gegen die Staatskanzleichefs der Länder durchzusetzen. Die Kontaktverbote hätten von der Regierung bis zum 5. Juli fortgeschrieben werden, maximal zehn Personen sollten sich in Privatwohnungen treffen dürfen. Das Papier fiel durch, vorerst sind die Regeln bis Ende Juni gültig. Eine Begrenzung der Personen in Privathaushalten gibt es nicht.

Damit ist nun sichtbar, das die Bundeskanzlerin ihre mühsam ausgefüllte Moderatoren-Rolle der vergangenen Wochen in den Abstimmungen des Bundes mit den Ländern verloren hat. Die Länder entscheiden nun selbst, welche Regeln gelten sollen. Unabhängig von der Meinung in Berlin. Eigene Pläne wurden im Laufe des Dienstags von allen Seiten gegenüber der Presse präsentiert.

Weitere Telefonschalten zwischen den Ministerpräsidenten und der Kanzlerin wird es nach Aussage von Kretschmann nicht geben. Schon seit einigen Tagen hatte Merkel keine Lust mehr auf Bund-Länder-Gipfel. Wie berichtet, wolle sie sich das „erst mal nicht mehr antun.“ Bereits am 6. Mai äußerte die Kanzlerin, sie sei „kurz davor aufzugeben. Grund waren die ständigen Lockerungswünsche die die 16 Ministerpräsidenten ihr abgerungen hatten.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte am Dienstag gesagt: „Wer die Angst nehmen will, muss Sicherheit geben.“ Und weiter: „Vor HIV kann man sich auch nur ganz persönlich schützen.“ Die Bevölkerung müsse nun „lernen, mit dieser Situation zu leben“. Daher wolle er „vom Krisenmodus in den Regelmodus“ wechseln.

Und prompt ging es mit neuen Erleichterungen in den Ländern los:

Bayern erlaubt ab 15. Juni wieder Konzerte, Theater- und Kinobesuche. Kinder sollen bis zum 1. Juli wieder zurück in die Kitas und Krippen gehen können. Ab dem 15. Juni sollen in Sachsen-Anhalt wieder Grundschüler täglich unterrichtet werden. Ab Donnerstag sind dann auch in Brandenburg Demos und Gottesdienste bis 150 Teilnehmer erlaubt. Fitness-Studios und Kinos öffnen in Hamburg, Freibäder ab dem 2. Juni. Bis Ende Juni dürfen auch in Baden-Württemberg wieder alle Kitas in den Normalbetrieb wechseln. Mit sofortiger Wirkung dürfen in Rheinland-Pfalz Freibäder, Kinos und Fitness-Studios öffnen.

Die Bundesregierung muss nun nur noch die seit Monaten versprochene Corona-App zur Nachverfolgung von Infektionen liefern. Die ist zuletzt von Gesundheitsminister Spahn für den 15. Juni angekündigt worden

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Martin Beier