Omikron BA.5: Experte ist sehr “besorgt”

Das Virus ist noch immer in Deutschland vorhanden, auch wenn inzwischen die meisten Regeln aufgehoben sind. Derzeit steigt aber die Inzidenz wieder an und liegt nach Angaben des Robert-Koch-Instituts bei 276,9 mit weiter steigender Tendenz. Für den Virologen Christian Drosten ist dies eine beunruhigende Entwicklung.

Der Leiter des Virologie-Instituts an der Berliner Charité ist grundsätzlich nicht überrascht, dass die Omikron-Subvariante BA.5 zu einer höheren Infektionsrate führt. Mit dem Einsetzen des Frühlings hatte er genau diese Entwicklung auch erwartet, so Drosten. „Wir erleben dieses Jahr keinen infektionsfreien Sommer, was aber zunächst nicht bedrohlich ist.“ Doch mit einem Blick auf Portugal zeigt es sich doch beunruhigt, denn dort steigen zudem die Todesfälle immer stärker an.

„Dafür gibt es keine offensichtlichen Erklärungen, denn auch andere europäische Länder haben BA.5-Anstiege ohne Zunahme der Letalität. In einem Monat werden wir wissen, ob sich etwas Ähnliches auch bei uns einstellt“, zeigt sich Drosten überzeugt.

Für eine stärkere Vorbereitung auf eine etwaige Infektionswelle im vierten Quartal plädieren immer mehr Politiker in Berlin. Unter anderem müssten nach Ansicht der Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt von den Grünen schon jetzt die Weichen für bessere Schutzmaßnahmen bei Infektionen verabschiedet werden. „Ich habe den Eindruck, dass mit dem vorläufigen Ende der allgemeinen Impfpflicht erst einmal alle Aktivitäten ermattet und zum Erliegen gekommen sind, und deshalb müssen wir jetzt handeln. Wir sollten noch vor der Sommerpause eine Verständigung über die Ziele beschließen«, forderte sie im Gespräch mit der „Zeit Online“. Nur so könne vermieden werden, dass im Schnellverfahren dann wieder irgendwelche Gesetzte zusammengebastelt werden. Daraus sind vielmals Unklarheiten entstanden, so die Grünen-Politikerin.

Vom Koalitionspartner FDP kam in den vergangenen Tagen die Forderung, vor neuen Maßnahmen für den Herbst erst einmal die Evaluation der bislang erfolgten Maßnahmen abzuwarten. Dieser Bericht soll vom Sachverständigenausschuss bis zum Ende des laufenden Monats vorgelegt werden. Dies sieht Göring-Eckardt als nicht zielführend an. „Eine Evaluation darf keine Ausrede fürs Nichtstun sein, insbesondere dann nicht, wenn es Sorgen gibt, dass gar nicht genügend Daten vorhanden sind.“

Auch Christian Drosten war bis vor kurzem noch Mitglied in diesem Ausschuss, den er jedoch auf eigenen Wunsch inzwischen verlassen hat. Am Mittwoch forderte der Expertenrat, dem der Virologe noch angehört, in einer Stellungnahme von der Bundesregierung, schon jetzt umfangreiche Maßnahmen vorzubereiten, um auf Bundes- und Landesebene für eine neuerliche Herbstwelle gewappnet zu sein. Eine solide rechtliche Grundlage ist dafür zwingend notwendig, nur so könne schnellstmöglich auf eine Änderung des Infektionsgeschehens reagiert werden.

Derweil gehen viele Experten davon aus, dass sich die Dunkelziffer an Corona-Infektionen wieder erheblich erhöht hat. Dies liegt unter anderem daran, dass viele der Infizierten nicht mehr einen PCR-Test machen und so nicht in den Daten des RKI auftauchen. In der vergangenen Woche lag die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland noch bei 221,4 Fällen pro 100.000 Einwohner, mittlerweile stieg sie auf 276,9.