Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat das Leben so vieler Menschen beeinträchtigt, dass viele Ukrainer kaum glauben können, dass sie jemals wieder zu einem normalen Leben in ihrem Heimatland zurückkehren werden. Sicherlich wird ihre Meinung über Russland nie wieder dieselbe sein. Nun aber soll die Spaltung zwischen Ukrainern und Russen sogar noch tiefer werden.
Als der Vorschlag für die neuen Gesetze im ukrainischen Parlament eingebracht wurde, bestand die Absicht darin, die Ukrainer vor russischer Propaganda zu schützen. Aus diesem Grund wurde ein Verbot aller russischen Bücher und Musik vorgeschlagen. Doch für viele Ukrainer sind die russische Sprache und Kultur auch ein Teil ihres Lebens.
Dies hat zu vielen Diskussionen geführt, nicht zuletzt unter den Buchhändlern des Kiewer Buchmarkts Petrivka, der seit seiner Gründung zum größten seiner Art im Land geworden ist. Viele Buchhändler sind über die neuen Gesetze verärgert: Knapp die Hälfte der ukrainischen Bevölkerung ist russischsprachig, und das Verbot aller russischen Bücher und Musik macht einen großen Teil ihrer Kultur für sie unzugänglich.
“Warum sollte Russisch nur zu Russland gehören? 300 Millionen Menschen weltweit sprechen Russisch”, fragt der Buchhändler Anatoli Gunko. Er sieht die Notwendigkeit des neuen Gesetzes zum Schutz der Ukrainer, findet es aber hart, dass die gesamte russische Kultur verboten wird.
Zu diesem Zeitpunkt sind die Gesetze noch nicht in Kraft getreten. Der Entwurf liegt bereits seit einiger Zeit vor, wurde aber noch nicht von Präsident Zelenskiy unterzeichnet. Sobald die Gesetze vom Präsidenten ratifiziert sind, werden sie die Einfuhr aller in Russland und Weißrussland veröffentlichten Bücher verbieten, unabhängig vom Autor. Wird jemand dabei erwischt, wenn er sich den neuen Gesetzen widersetzt, werden Strafen verhängt.
Es ist zu erwarten, dass nach Inkrafttreten der “Derussifizierungs”-Gesetze einige Verwirrung entstehen wird: Das Verbot untersagt zum Beispiel das Abspielen aller russischen Musik aus der Zeit nach 1991 im Fernsehen, Radio und an öffentlichen Plätzen. Klassische Schriftsteller wie Puschkin und Tolstoi sind von dem Verbot nicht betroffen.
Andere, wie zum Beispiel auf Russisch geschriebene Bücher, die in der Ukraine oder anderen befreundeten Ländern veröffentlicht wurden, sind ebenfalls weiterhin erlaubt, solange Russisch die Muttersprache des Autors ist und der Autor nicht als feindlich gegenüber der Ukraine angesehen wird. Was mit all den anderen russischen Musikstücken und Büchern aus der Zeit nach 1991 geschieht, die sich bereits in der Ukraine befinden, ist jedoch noch nicht entschieden worden.
Foto: Ukrainische Flagge auf dem Parlament in Kiew, über dts Nachrichtenagentur
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