Mithilfe der Justiz widersetzen sich immer mehr Polen den Corona-Maßnahmen

Eine sogenannte „Wir machen auf“-Kampagne zeigt in Polen immer mehr Erfolgt. Trotz Verbote, die im Zuge der Corona-Krise erlassen wurden, öffnen immer mehr Hotels, Restaurants und Geschäfte ihre Türen. Gerichtsurteile bestätigen die Unternehmer in ihrem Handeln.

Es sind bislang nicht viele, doch mittlerweile sind auf einer interaktiven Karte diverse polnische Ortschaften verzeichnet, in denen Geschäfte, Hotels, Fitnessstudios oder Restaurants geöffnet haben und damit die Corona-Schutzmaßnahmen der Regierung ignorieren. Grundsätzlich ist dies bis zum 31. Januar verboten.

In der polnischen Version heißt „#WirMachenAuf“ dann „OtwieraMY“ und hat Erfolg. Der Initiator der Bewegung, Michal Wojciechowski, sagt dazu: „Die Leute müssen irgendwie funktionieren, Raten und Mieten zahlen. Und die Einschränkungen sind illegal. Ich bin froh, dass die Menschen endlich zur Vernunft gekommen sind. Dies ist eine Maschine, die nichts aufhalten kann“.

Nun reagiert auch die Regierung. Es werden von den Behörden noch engmaschigere Kontrollen von möglichen Verstößen gegen die Auflagen durchgeführt. Die polnischen Rebellen haben aber anders als in Deutschland Rückenwind von der Justiz. So annullierte das Verwaltungsgericht in Oppeln ein verhängtes Bußgeld gegen einen Frisör. Dieser hatte im ersten Lockdown keine Maske getragen und illegal Kunden empfangen.

Kein Katastrophenfall, keine Grundlage

Dabei berufen sich die Richter darauf, dass der Katastrophenfall nicht durch die Regierung ausgerufen worden ist. Solch weitreichende Einschränkungen der Bürgerrechte sind daher nicht verfassungskonform. Eine bloße Regierungsverordnung ist dafür nicht ausreichend, so die Richter. Viele Unternehmer schöpfen daher Hoffnung und lassen es nun auf mögliche Bußgelder ankommen. Gegebenenfalls wollen sie dagegen klagen. In Deutschland hingegen sind diese Maßnahmen durch das Infektionsschutzgesetz abgedeckt.

Die Fitnessstudio-Betreiberin Monika Sabinska erklärte am Donnerstag dem RBB ihre Gründe: „Seit drei Monaten haben wir theoretisch geschlossen, ohne jegliche staatliche Unterstützung, weder für mich als Unternehmerin, noch für meine Mitarbeiter“. Viele Unternehmen gehen in Polen bei den Staatshilfen leer aus, denn es sind viele Voraussetzungen zu erfüllen. Und mit 250 Millionen Euro sind die Staatsgelder auch nicht besonders üppig. Im Gegenzug will die Regierung aber nicht den Katastrophenfall ausrufen, da somit viel höhere Entschädigungszahlungen fällig wären, was im Haushalt aber nicht abgesichert ist.

„Dieser Regierung kann man nicht mehr vertrauen. Jeder Unternehmer in diesem Land muss damit rechnen, dass er durch undurchdachte Entscheidungen der Politik von einem Tag auf den anderen sein ganzes Lebenswerk verlieren wird“, erklärte Radoslaw Jecek. Er ist der Bürgermeister des Wintersportortes Karpacz, in dem mittlerweile auch viele Einrichtungen wieder geöffnet haben. Die Unternehmer machen zunächst einmal weiter.

Seit Anfang Dezember sind die Corona-Zahlen in Polen auf einem annähernd gleichbleibenden Niveau. Täglich kommen im gesamten Land 5.000 bis 10.000 Neuinfektionen hinzu und rund 400 – 500 Tote gezählt.

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Author
Martin Beier