Klage vor Bundesgerichtshof: So werden deutsche Bürger überwacht

Wer Datenschutz für wichtig hält, wird entsetzt darüber sein, was gerade am Bundesgerichtshof verhandelt wird: Deutsche Bürger werden überwacht, und zwar mittels Handy-App! Konkret geht es um einen Versicherungstarif der Generali, der gesundes Verhalten belohnt.

Bei der Generali gibt es eine Berufsunfähigkeitsversicherung, die Belohnungen für alle Kunden vorsieht, die sich fit und gesund halten. Konkret geht es um regelmäßig betriebenen Sport und um Arztbesuche zur Vorsorge. Wer sich gut um den eigenen Körper kümmert, profitiert von Rabatten und Gutscheinen. 

Verbraucherschützer kritisieren dieses Konzept, da dafür das Verhalten eines Versicherten aufgezeichnet beziehungsweise mitverfolgt wird, meist über eine App. So landete der Tarif nun beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. “Bekannt sind solche Programme bisher vor allem bei Kfz-Versicherungen, die den Fahrstil bewerten”, sagt der Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten (BDV), Stephen Rehmke. “Versicherer zeichnen das Verhalten ihrer Kundinnen und Kunden auf, analysieren die Daten und belohnen verminderte Risiken mit Rabatten auf die Prämien.”

Der beklagte Tarif der Generali steht deswegen im Kreuzfeuer, weil es sich bei Gesundheits- und Fitnessdaten um den “sehr persönlichen Lebensbereich” handele, so Rehmke. Die Generali gewährt nicht nur Belohnungen für ein gesundheitsbewusstes Leben, sondern je nach Punktezahl auch den Status “Bronze”, “Silber”, “Gold” oder “Platin” und damit eine Reduktion der Höhe der zu zahlenden Versicherungsprämie.

Der BDV hält mehrere Regelungen des Tarifs für intransparent, benachteiligend und damit unwirksam. Es sei nicht zulässig, dass Verbraucher “nicht genau in Erfahrung bringen, welches konkrete Verhalten zu welchen tatsächlichen Vergünstigungen führt”, so BDV-Vorstand Rehmke. Die sogenannte Überschussbeteiligung der Versicherten könne außerdem trotz gesundheitsbewussten Verhaltens ausbleiben, wenn der Versicherer nicht ausreichend Erträge erziele – dies werde den Kunden aber nicht ausreichend transparent kommuniziert. Wer seine Fitnessdaten zu spät liefert, schaut zudem durch die Finger – “egal, ob das die Kundin versäumt hat oder die Technik beim Versicherer versagt hat”, so Rehmke.

Der BDV möchte vor Gericht aber nicht nur eine Änderung der Versicherungsbedingungen bewirken, sondern auch die Verbraucher aufrütteln. “Es ist problematisch, persönlichste Daten an Versicherer zu übermitteln, wenn man nicht einmal konkret weiß, was mit den Daten geschieht und was man davon überhaupt hat”, mahnt Rehmke. Private Krankenversicherungen würden ebenfalls bereits überlegen, verhaltensbasierte Tarife einzuführen. “Käme es dazu, würden die Fitten und Gesunden belohnt, die Anfälligen und Kranken hätten das Nachsehen. Wir hielten das für eine fatale Entwicklung für den Solidaritätsgedanken bei Versicherungen, der davon getragen wird, dass die Starken die Schwachen unterstützen”.

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Martin Beier