Im Sommer droht Deutschland ein Test-Chaos

Ein wichtiger Bestandteil für die Pandemie-Eindämmung sind Schnelltests. Doch könnte es nach Ansicht von Experten im Sommer zu chaotischen Zuständen kommen, da falsche Testergebnisse bei Hitze auftreten können.

Testen ist für die Kontrolle von Corona gerade in Zeiten der schrittweisen Öffnungen wichtig. Vor einem chaotischen Test-Sommer warnen aber nun Experten. In einem Interview mit der „Bild“-Zeitung sagte der Vorstandsvorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte, Dr. Andreas Bobrowski: „Wenn Tests zu großen Temperaturschwankungen ausgesetzt sind oder zu warm werden, funktionieren sie nicht mehr richtig und es kann zu Fehlbestimmungen kommen.“

Das bedeutet, dass zum einen Infizierte ein negatives Ergebnis erhalten können und Gesunde im Umkehrschluss ein positives. Eine Charité-Studie bestätigt diese Aussagen. Es kam bei den Untersuchungen rund um den Studienleiter Prof. Jan Felix Drexler heraus, dass ab 37 Grad bei Schnell- und Selbsttests vermehrt falsche negative Ergebnisse auftraten. Bei Temperaturen von 2 bis 4 Grad kam es zum umgekehrten Effekt, hier traten dann vermehrt falsch positive Ergebnisse auf.

Kurze Temperaturschwankungen reichen oft schon aus

Weiter stellten die Experten fest, dass oft schon kurzfristige Temperaturschwankungen ausreichen und die Test zeigten zum Teil falsche Ergebnisse an. Die Studien-Resultate kommentierte Drexler so: „Es darf nicht zu heiß werden. Selbsttests sollten nicht direkt am Fenster in der Sonne liegen oder im Sommer in der Hosentasche mit herumgetragen werden“. Zu falschen Ergebnissen könne auch eine kühle Lagerung mit anschließender Verwendung in einer warmen Umgebung führen. Daher sollte die auf dem Beipackzettel angegebene Lagertemperatur dringend eingehalten werden.

Optimale Anwendungstemperatur liegt zwischen 15 und 30 Grad

Hersteller empfehlen in der Regel eine Lagerung zwischen 5 und 30 Grad. Daneben liegt die optimale Anwendungstemperatur bei 15 bis 30 Grad. Andererseits könnte bei den Tests sowohl die sogenannte Sensitivität, als auch die Spezifität beeinträchtigt werden. Grund für Verfälschungen ist laut Drexler unter anderem die Kondensation.

„Die Ergebnisse unserer Studie bedeuten nicht, dass man gar keine Schnelltests benutzen sollte“, so Drexler. „Die Menschen sollten sich aber bewusst sein, dass es sich lediglich um eine Maßnahme zum Verringern des Risikos handelt. Ein negatives Ergebnis ist kein Freifahrtschein.“

Wichtig ist hierbei, dass man den Beipackzettel gründlich liest und auch die Tests so akkurat wie möglich durchgeführt werden. „Und sich bewusst sein, dass schon entlang der gesamten Kette vom Hersteller über den Transport bis in die Auslieferung etwas schiefgegangen sein kann“, sagt Drexler. Der falsche Umgang kann nach seiner Ansicht die mühsam errungenen Lockerungen wieder zunichtemachen.

PCR-Tests deutlich zuverlässiger – braucht es daher eine neue Strategie?

Ohnehin sind die Schnell- und Selbsttests weniger zuverlässig als die PCR-Tests. Daher sollte ein Labor ein positives Ergebnis immer überprüfen. Doch auch hier gibt es Probleme. Gegenüber der „Bild“ erklärt Laborarzt Bobrowski: „Das sind schon jetzt sehr viele geworden, die sich allerdings in mehr als der Hälfte der Fälle als falsch positiv herausstellen“. Er fordert daher eine Verbesserung der Testverfahren und ein geändertes Zulassungsverfahren. „Wir sollten uns überlegen, ob es wirklich Sinn macht, die Leute auf diese Art jeden Tag durchzutesten“. Weniger sei manchmal mehr.

Darüber hinaus schlägt er vor, einen Großteil der Testzentren dicht zu machen. „Alle anderen brauchen im Sommer dringend klimatisierbare Container“, empfiehlt Bobrowski. Seiner Meinung nach sei es jetzt wichtig, das Geld für das Impfen und eine gescheite Impferfassung zu verwenden. „Das ist die Zukunft und jetzt wirklich wichtig.“

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Alexander Grünstedt