Erste Engpässe bei Jod-Tabletten

Die Sorge vor Angriffen auf ukrainische Atomkraftwerke wächst in Deutschland. Die Folge: Es gibt bereits eine erhöhte Nachfrage nach Jodtabletten. 

Es ist die leise Angst vor dem Krieg, die in Deutschland umgeht. Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine werden Worte wie „Hamsterkauf“ und „Notvorrat“ bei Google öfter gesucht und in den sozialen Netzwerken hat die Prepper-Szene Hochkonjunktur. Dabei gehen alle Experten davon aus, dass es nicht zu einem Atomkrieg kommen wird. So sagte unter anderem Carlo Masala, Militärexperte an der Universität der Bundeswehr in München, im ARD-Brennpunkt: „Wir stehen nicht vor einem Atomkrieg, das muss man sehr deutlich sagen.“ Die erhöhte Alarmbereitschaft der russischen strategischen Kräfte sei vielmehr „Putins Signal an den Westen: ‚Haltet Euch aus diesem Konflikt raus‘“.

Dennoch fürchten immer mehr, dass während der Kämpfe Atomkraftwerke oder -lager getroffen und damit radioaktiv strahlendes Material freigesetzt werden könnten. Anders ist die erhöhte Nachfrage nach Jod-Tabletten, die durch österreichische Apotheken gemeldet und bereits zu Engpässen in  Österreich geführt hat, nicht zu erklären.

Dabei warnt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) eindringlich davor, Jodtabletten einzunehmen. Jodtabletten sollten nur „nach ausdrücklicher Aufforderung durch die Katastrophenschutzbehörden“ eingenommen werden. Von einer Eigenmedikation rät das BfS ab – hochdosierte Jodtabletten könnten zu starken Neben­wirkungen führen.

Die diffusen Ratschläge und Panikmachen führen alles andere als zu einem guten Schutz im Ernstfall. Denn gegen einen Krieg kann man sich oft nicht schützen, schon gar nicht gegen einen Atomkrieg. Werden radioaktive Stoffe freigesetzt, bleibt nur den Kellerraum aufzusuchen und die Nachrichtenlage per Batterie-Radio oder zu verfolgen. Denn funktionstüchtige Schutzräume wie etwa Bunker gibt es in Deutschland nicht mehr. Gegen die Begleiterscheinungen eines Krieges wie Strom- und Wasserausfälle, Feuer und dass man kurzfristig sein Zuhause verlassen muss, kann man hingegen schon vorsorgen. 

Auf der Webseite des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) gibt es übersichtlich aufgelistete Ratschläge, wie man sich auf einen eventuellen  Ernstfall vorbereitet. Denn eine Vorbereitung empfiehlt das BBK schon – wenn auch nicht durch das Buddeln von Erdlöchern –  die meisten Katastrophen und Notfälle treten nämlich oft überraschend ein. Hilfreich ist der vom BBK herausgegebene Ratgeber, der von der Internetseite des Bundesamtes heruntergeladen werden kann. Der hilft nicht nur im Kriegsfall sondern auch bei den wesentlich wahrscheinlicheren Umweltkatastrophen wie Fluten oder Orkane, von denen Deutschland immer häufiger heimgesucht wird.

Angesichts einer Aufstockung des Budgets des Bundeswehr von 100 Mrd. Euro mag verwunderlich erscheinen, dass für den Katastrophenschutz keine signifikanten Mittel vorhanden sind. In nahezu allen Parteien besteht die Überzeugung, dass Deutschlands föderal aufgestellter Katastrophenschutz nicht handlungsfähig genug ist, auch mit Blick auf den Klimawandel nicht. Im BKK, das offiziell nur für Kriegsfälle zuständig ist, soll nun zumindest ein gemeinsames Kompetenzzentrum von Bund und Ländern entstehen, das auch Einsätze bei Naturkatastrophen und Gesundheitskrisen koordinieren kann. 

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Sara Breitner